Niederländische Bombardierfregatte um 1751
Versuch einer Rekonstruktion unter Berücksichtigung der originalen Entwurfsskizze von W. van Genth
Zuerst veröffentlicht in: MECHANIKUS, München 1964-1965 |
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Dieser Artikel ist ursprünglich in 5 Teilen (Teil I, Teil II, Teil III, Teil III Fortsetzung, Schluß) erschienen. Dies erklärt die Sprünge in den Seitenzahlen. |
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Teil I
Spezialschiffe sind notwendige Bestandteile der Kriegsflotten, und zwar nicht erst seit neuerer Zeit. Auch die Seekriegsstrategen vergangener Jahrhunderte hatten außer den Schiffen der Linie, mit welchen sie ihre großen Schlachten schlugen, eine Reihe von Sonderfahrzeugen zur Verfügung. Man kannte z. B. den Kaper, den historischen Vorläufer des Kreuzers, der speziell für den völkerrechtlich lizensierten Seeraub entwickelt worden war. Außerdem gab es das Küstenwachschiff zur Sicherung der Flußmündungen. Ein besonders tückisch präpariertes Spezialschiff war der Brander, den man in feindliche Schiffsansammlungen schickte, um sie durch Feuer zu vernichten. Diese und viele andere Kriegsschiffe waren für einen bestimmten seetaktischen Verwendungszweck eigens gebaut oder umgerüstet, und einen Teil von ihnen verwendete man schon seit den uralten Zeiten, in denen die Menschheit auf die Idee gekommen war, ihre Streitigkeiten zur See auszutragen.
Ein etwas moderneres Schiff mit Spezialaufgaben war das sogenannte Bombardierschiff. Es gab zwei Typen, die in der Bauweise stark voneinander abwichen: die Galiote (Abb. 1) oder Ketsch und die Fregatte (Abb. 2).
Die Aufgabe des Bombardierschiffs bestand darin, den Aufenthalt im Einschließungsring einer belagerten Hafenstadt oder Festung von See her ungemütlich zu machen. In den dichtbesiedelten und stark mit Truppen belegten Stadtteilen war der Bombenbeschuß sehr wirksam. Die Bordwaffen übernahmen dabei die Rolle, die sonst der schweren Artillerie einer Invasionsflotte zukommt. Was ich an Wissens-
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wertem über diese Schiffe Zusammentragen konnte, soll im folgenden Abschnitt wiedergegeben werden:
Bekannt wurden die Bombardierschiffe erstmals bei dem Bombardement von Algier 1682 durch die französische Flotte (vgl. Tafel I). Sie fanden bald danach auch anderwärts, vornehmlich bei den Engländern und Holländern Verwendung. Besonders in den Kriegen 1688 — 97 und 1701 — 1713 gab es in der Niederländischen Flotte viele Bombardiergalioten. Die Bewaffnung bestand im wesentlichen aus Mörsern, also aus Steilfeuergeschützen, deren Geschosse hochfliegen, aber nicht sehr weittragend sind. Die Geschoßflugbahn steigt bis zum Scheitelpunkt steil an; ihr absteigender Ast gleicht weitgehend dem freien Fall. Die Treffgenauigkeit hängt u. a. vom Höhenrichtwinkel des Mörsers ab, und dieser hat auf einem Schiff im Seegang kaum jemals einen definierten Wert. Die Schwierigkeiten, die beim gezielten Feuer fast regelmäßig auftraten, dürften der Grund gewesen sein, warum die Bombardiertechnik mit Mörsern auf See bald wieder außer Gebrauch kam.
J. H. Röding gibt in seinem „Allgemeinen Wörterbuch der Marine“ (1794) einige interessante Informationen über die eingesetzten Typen und über den Gebrauch von Mörsern an Bord. Da diese Texte für den Privatmann oftmals schwer zugänglich sind, sollen sie hier auszugsweise wiedergegeben werden:
Bombardiergaliote (Band A — K, S. 348)
„Ein Schiff von mittelmässiger Grösse, das dazu eingerichtet ist, die Mörser zu tragen, aus denen man Bomben wirft. Die Bauart dieser Schiffe ist besonders, und die Verbindung derselben äusserst stark. Insonderheit liegen vorne, wo die Mörser stehen, sehr schwere Katspuhren, um den Stoss bey der Abfeurung der Bomben zu widerstehen. Da diese Schiffe oftmals nahe ans Land kommen müssen, so haben sie einen platten Boden, um nicht tief ins Wasser zu gehen. Ihre Takelasche besteht aus einem großen und einem Besahnmast. Der große Mast steht noch hinter dem Mittelpunct des Schiffs, so dass zwischen diesem Mast und dem Bugspriet ein grosser Raum bleibt, wo die beyden Mörser stehen, und wo die Vorstagsegel fahren, die folglich grösser sind als auf andern Schiffen. Die beyden Mörser ruhen auf einer Art Bettung, wovon wir unter dem Artikel Mörser ein mehreres sagen werden, sie sind dergestalt gerichtet, dass die Bomben vorne aus dem Schiff geworfen werden. Ausser den beyden Mörsern führt eine Bombardiergaliote auch noch 4 Kanonen an jeder Seite, die hinter dem grossen Mast stehen. Bey dem
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Bombenwerfen ist die Galiote von aller Vortakelasche entblösst, nur allein bleibt das Vorstag besitzen, welches eine starke Kette ist, damit es nicht in Brand gerathen kann. Die Wandtauen und Pardunen müssen steif angesetzt werden, damit die Masten durch die Erschütterung nicht zu viel leiden. Die Fig. 622 (Abb. 3) stellt eine eben beschriebene französische Bombardiergaliote vor, welche mit Kreuzsegel bey dem Winde liegt. Die Mörser stehen aus der Ursache vorne, dass man nicht nöthig hat dem Feinde die ganze Seite des Schiffs blos zu stellen; allein da eine Bombe ausserordentlich weit geworfen werden kann, so nehmen die Engländer welche vormals eben solche Bombardiergalioten (Bomb-Ketch) hatten, jetzt hierauf keine Rücksicht, sondern gebrauchen dreymastige Bombardierschiffe, aus denen die Bomben von der Seite zu geworfen werden. Im letzten Krieg haben die Franzosen dieses nachgeahmt und Fleutschiffe dazu gebraucht welche 3 bis 400 Tonnen führten und ungefähr 113 Fuss lang waren.“
Ebenfalls bei Röding findet sich eine Definition des zeitgemäßen Begriffs „Bombe“, die in gleicher Weise hier wiedergegeben werden soll:
Bombe (Band A — K, S. 349)
„Eine hole eiserne Kugel die mit Pulver gefüllt und aus einem Mörser geschossen wird. Sie hat eine runde Oefnung in welche die Brandröhre gesteckt wird, welches eine von trockenem Holz gemachte Röhre, Fig. 538a, (Abb. 4) ist, die wie ein abgekürzter Kegel gestaltet und mit gutem Pulver, Schwefel und Salpeter gefüllt ist. Diese Röhre welche das Pulver in der Bombe in Brand steckt, wird so tief in die Bombe geschlagen, dass sie ungefähr 1½ Zoll heraus steht. Der Theil der Bombe welcher sich der Brandröhe gegenüber befindet, hat die größte Dicke und ist folglich am schwersten, die Ursache davon ist, dass die Bombe beym Fallen allezeit heraus zu liegen komme, und nicht die Brandröhre in die Erde schlage. Sobald wie das Pulver in der Bombe durch die Brandröhre angesteckt worden, zerplatzt sie und zerschmettert alles, was sich um ihr befindet. Zur Füllung einer Bombe von 1 Fuss Durchmesser die bey der Marine am mehrsten gebraucht wird, gehört 15 Pfd. Pulver und die gefüllte Bombe wiegt 45 Pfd. die Brandröhre derselben hat 8 Zoll Länge und am dicksten Ende 20 Linien, am dünnesten aber 14 Linien im Durchmesser, der hohle Cylinder aber 5 Linien. Man füllt die Brandröhre lange Zeit vorher, ehe sie gebraucht werden soll, und verklebt die beyden Oefnungen mit einer Com-position von Wachs oder Pech und Fett, damit der Brand nicht von der Feuchtigkeit leide. Wenn die Brandröhre aber in die Bombe gesteckt wird, so muss die untere Verklebung wieder abgenommen werden. Die Verklebung des obern oder herausstehenden Endes nimmt man erst alsdann ab, wenn die Bombe sich schon in dem Mörser befindet und geworfen werden soll. Um die Bombe zu handhaben und in den Mörser zu setzen, befinden sich auch an derselben zwey Handgriffe oder Handheben Fig. 538b, s. Mörser (Abb. 4). Was den Weg den die Bombe in der Luft macht, anbetrift, so findet man solches umständlicher unter Kugelbahn.“
Aus dem langen Kapitel „Mörser“ hier einige interessante Absätze:
Mörser, Schiffs-Mörser (Band L — Z, S. 192)
„Ein bekanntes Artillerie-Stück, Fig. 459 (Abb. 5), aus welchem die Bomben geworfen werden.
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Es ist weit kürzer und dabey weiter als eine Kanone. Der obere Theil A heisst der Flug, der mittlere B das Lager und der unterste C das Bodenstück, woran sich die Zapfen D befinden. Man bedient sich der Mörser auf den sogenannten Bombardiergalioten, um feste Plätze von der Seeseite zu bombardieren. Ihr Kaliber ist verschieden, am mehrsten bedient man sich aber derjenigen, welche Bomben von 12 Zoll im Durchmesser werfen. Doch giebt es auch Mörser für 6 bis 11 zöllige Bomben, und noch größere für 13—16 zöllige. Die Mörser sind entweder von Eisen oder auch von Metall; die letztem sind die besten, weil sie leichter sind und bey einem anhaltenden Feuern auch nicht so leicht springen. Die Mörser, welche zum Bombardement auf Schiffen dienen, sind etwas schwerer und länger als diejenigen, deren man sich auf dem Lande bedient, weil sie gewöhnlich in einer größeren Weite gebraucht werden. Ungeachtet aber die Kammern der Mörser für 12 zöllige Bomben 32 Pfund Pulver enthalten, so ladet man sie doch selten mehr als mit 15 bis 20 Pfund, um den heftigen Stoss zu vermeiden.
Auf englischen Bombardierschiffen steht der Mörser auf einer Art Lavette oder Bettung (bed) (Fig. 536 u. 537) (Abb. 6 u. 7) deren Theile fest zusammen verbolzt sind. Auf der obern Seite der Seitenwände sind auf halbem Holze zwey Ausschnitte in der Gestalt eines halben Cirkels, in welche die beyden Zapfen zu liegen kommen, die mit den Schildpfanndeckeln oder Flaggen a. verschlossen werden, indem man nämlich die Augbolzen b. b., welche durch diese Flaggen gehen, Splinten c. c. treibt, die von den Seiten der Bettung an einer Kette hängen. Queer über die Lavette liegt noch eine Art Steilholz (bed-bolster d) gegen welches die Kammer ruhet, und welches dazu dient, den Mörser zu erheben und zu tragen. Die ganze Lavette oder Bettung wird auf dem Deck der Bombardiergaliote (Ketch) gesetzt, welches an dieser Stelle nicht allein starke Balken und Verbindungen hat, sondern auch durch mehrere Stützen getragen wird (Fig. 458) (Abb. 8). Durch das Loch in der Mitte der Bettung (Fig. 537e) (Abb. 7) wird ein sehr dicker Bolzen oder Zapfen gesteckt, der zugleich durch einen Deckbalken geht. Um diesen Bolzen kann sich die Lavette wie um eine Axe drehen, und man kann sie richten wie man will. Der Mörser aber bekömmt eine beständige Erhöhung von 45°, welche die grösste Schussweite giebt (s. Kugelbahn).“
In den folgenden Teilen des Artikels „Mörser“ wird dann ziemlich umständlich beschrieben, daß der Unterbau der Lafette sehr stark sein muß, und daß man die Lafette mittels eines Bolzens drehen konnte. Anschließend wird erläutert, welche Unterschiede die Mörser in der Art ihres Aufbaus bei den einzelnen seefahrenden Nationen hatten. Zum Schluß teilt Röding mit, daß man die Mörser, vor ihrem Einbau auf dem Schiff, an Land auf Schußweite usw. prüfte. Von speziellem Interesse dürfte noch der Abschnitt sein, in dem etwas über die Bedienung der Mörser ausgesagt wird.
„Wenn die hinlängliche Quantität Pulver, die zur Ladung des Mörsers erfordert wird, in die Kammer gebracht ist, so wird erst auf dieselbe ein Propf gerammt, und auf diesen wird die Bombe gelegt, so dass die Brandröhre oben ist, alsdann wird auf die Bombe auch ein Propf gerammt, damit sie fest liegt. Wenn dieses geschehen, richtet der Kommandeur den Mörser, wenn er beweglich ist, zu seiner bestimmten Höhe, öfnet das Zündloch mit dem Bohrpfriem und schüttet feines Zündpulver hinein; ebenfalls wird alsdann auch die Brandröhre der Bombe geöffnet, und einer von den Matrosen zündet sie mit einer Lunte an, wenn solches geschehen, feuert sogleich ein anderer den Mörser ab. Die Bombe fährt in einem Bogen durch die Luft, und die Brandröhre ist so eingerichtet, dass sie beym Niederfallen der Bombe erst zu Ende gebrannt ist, und das darin befindliche Pulver angezündet, worauf die Bombe in Stücken zerplatzt, die sich nach allen Seiten verbreiten, und da wo sie hinkommen unsäglichen Schaden verursachen.“
Im 18. Jahrhundert wurde den Bombardierschiffen eine große Bedeutung beigemessen. Aus dem Blickfeld des Schiffsmodellbauers sind sie zu Unrecht verschwunden, zumal die Konstruktion in jeglicher Hinsicht interessant war.
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Teil II
Einige Erläuterungen zum Bauplan
Bei der Herstellung des Plans (Tafeln I—IV) diente die Rißzeichnung eines Bombardierschiffs zum Vorbild, die der niederländische Schiffbaumeister W. van Genth angefertigt und mit 1749 — 51 datiert hat. Seine Entwurfsskizze (Abb. 9) stellt den dreimastigen Typ des Bombardierschiffes dar, den Röding als englisch bezeichnet hat.
W. van Genth war einer jener niederländischen Schiffbauer des 18. Jahrhunderts, die in Holland der englischen Bauweise Geltung verschafften. Er gehörte in den Zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts zu den ersten Schiffbauerlehrlingen der Admiralitätswerft Amsterdam, denen ihre Kenntnisse durch den englischen Schiffbaumeister Thomas Davis vermittelt wurden. In allen seinen späteren Arbeiten bleibt die englische Beeinflussung spürbar; sein Entwurf des Bombardierschiffs läßt die Stilmischung deutlich erkennen, denn er enthält Elemente des niederländischen Schiffbaus, die auf ein Fahrzeug vorwiegend englischer Bauweise übertragen wurden.
Niederländische Stilmerkmale wurden vor allem in den figürlichen Schmuck übernommen. Dazu gehörte auf jeden Fall der Löwe im Galion. Wenn man in Holland von der Galionsfigur sprach, nannte man sie nur den Leeuw. Schiffe der niederländischen Flotte hatten im Galion keine andere Figur. Charakteristische Merkmale, nach denen man niederländische Schiffe dieser Zeit oftmals ziemlich einwandfrei identifizieren kann, sind außerdem die Enden der Seitengalerien, die, wie hier, in Fischschwänze auslaufen. Wie sehr sich demgegenüber der technische Entwurf an englischen Vorbildern orientiert, sieht man am deutlichsten an der Rundung des Hecks, an der außergewöhnlichen Breite des unteren Bergholzes, sowie an der Form des Hauptspants und der Galionsregeln. Das runde Heck allein wäre noch kein ausreichendes Kennzeichen, weil es sich seit der Mitte des Jahrhunderts in vielen Schiffbauländern durchgesetzt hat. Die Einrichtung der Bombardier-Fregatte stimmt in einzelnen Punkten nicht mit dem normalen Aufbau einer Fregatte überein, weshalb einige konstruktive Besonderheiten hier in Kürze aufgezählt werden sollen.
Die äußere Form (Tafel I u. Ia) unterscheidet sich durch nichts von der einer kleinen Fregatte; dies ist der Grund, warum die Bezeichnung „Fregatte“ auch auf dieses Fahrzeug des 18. Jahrhunderts angewendet werden kann. Vergleicht man den Typ mit den Schiffen des 17. Jahrhunderts, so stellt man fest, daß er im Halbdeck nicht mehr so stark überhöht erscheint; außerdem ist das platte Heck wieder durch ein rundes abgelöst worden.
Wer ein Schiff beschreiben will, beginnt am besten mit dem Rückgrat des Bauwerks, dem Kiel (1). Dieser lange Grundbalken, den jedes hölzerne Seeschiff hat, besteht normalerweise aus mehreren Stücken. Das hintere Ende, auf dem der Achtersteven steht, nennt man Hielung (2); der vordere Abschluß, an den sich der sogenannte Unterlauf (3) oder der Vorsteven anschließt, heißt Kinnback (4). Durch den Vorsteven (5) ist die vordere Begrenzung der Schiffslänge definiert auch er wird vielfach aus einzelnen Stücken zusammengesetzt. Seine wichtigsten Teile heißen: Unterlauf (3), Vorsteven (5), Binnensteven (6) und Scheg (7). In der Hielung des Kiels ist der Achtersteven (8) befestigt; die Kniestücke nennt man Reitknie (9).
Auf dem Kiel stehen die Spanten (z. B. 10), die bei dieser Größe und Form selbstverständlich nicht aus einem einzigen Stück hergestellt werden konnten. Deshalb haben auch hier die einzelnen Teile verschiedene Namen. Das Stück, das direkt auf den Kiel gestellt wird, ist der Lieger (11) oder das Bauchstück. Haben die Spantenunterteile nicht mehr die Form der flachen Mittelspanten, sondern die V-Form der Endspanten, so heißen sie Piekstücke (12). An die Piekstücke schließt sich der Sitzer (13) an; dann folgen die Auflanger (14) und zum Schluß die verkehrten Auflanger (15).
Genau in der Richtung des Kiels liegt über den Bauch- und Piekstücken das Kielschwein (16).
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An den Stellen, die wegen des Gewichts der Mörser besonders beansprucht wurden, setzte man starke Katsporen auf, deren Auflanger bis zu den Balken des unteren Decks reichten. Katsporen (17) sind spantähnliche Hölzer, die man bei Kriegsschiffen auf die Wegerung (Innenbeplankung) setzte, um die strukturelle Festigkeit zu erhöhen.
Zum Balkenwerk eines Schiffes zählen dann noch die Decksbalken (z. B. 18) und die Balkenkniee (19). Den breitesten Balken im unteren Deck nennt man Segelbalken; für die Berechnung eines Schiffes hat er eine Schlüsselposition. Die nahezu waagerechten, zum Kiel laufenden krummen Balken im Bug des Schiffes sind die Bande (20); ihre Gegenstücke, die im Heck unter dem Heckbalken liegen, heißen Worpen (21). In diesem Zusammenhang nennt man den hintersten Spant auch Randsomholz. Mit dem Wort Planken (22) können einerseits die Bestandteile der Außenhaut und andererseits die Decksplanken (23) gemeint sein. Die Holzverkleidung, die von innen her aufgebracht wird, heißt Wegerung (24). Berghölzer (25) sind extra dicke Planken, die in bestimmten Höhen angebracht wurden und sich mit der sonstigen Beplankung abwechseln. Sie gehören zu den Hauptverbindungen eines Schiffs und sind nicht etwa nur von außen aufgesetzt. Die Beplankung eines Schiffes wird durch das Schandeck (26) abgeschlossen. Es verschließt die Öffnung, die sich aus Wegerung, verkehrtem Auflanger und Planken gebildet hat. Auf der Back (27) und auf dem Halbdeck (28) treten die Auflangerköpfe durch das Schandeck, wo
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sie nochmals abgedeckt werden, so daß hier eine offene Reling entsteht.
Unter Galion versteht man den gesamten Überhang des Vorstevens mit dem Scheg (7), der Galionsfigur (29) und den Galionsregeln (30). Die zuletzt genannten stellen die schwungvolle Verbindung zum Bug her; eine von ihnen nennt man „Drücker“, weil sie den Kranebalken (31) und das Gräting (32) trägt.
Den achteren Abschluß des Schiffsrumpfes nennt man allgemein den Spiegel (33). Im eigentlichen Sinn des Wortes würde man darunter nur den Teil des Schiffsendes verstehen, der von unten bis zum oberen Ende des Achterstevens reicht. Es hat sich aber eingebürgert, daß man auch noch den darüberliegenden, nach außen gewölbten Teil, also die Gillung (34) mit dem Hennegat (35) (die Öffnung für
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die Ruderpinne) dazurechnet. Was noch höher liegt, ist das Heck (37). Das obere Ende des Hecks heißt Hackbord (38). Die Taschen, die sich seitwärts anschließen, nennt man auch Seitengalerien (39).
Das Ruder ist mit Fingerlingen (40) am Achtersteven (8) fest. Die von ihm ins Schiff führende Pinne läuft mit ihrem Ende in einem Leuwagen (41), der unter dem Oberdeck steht.
Die Einrichtung (Tafel II)
Mit der Beschreibung der Räumlichkeiten beginnen wir wieder ganz unten im Schiff. Achtern liegt die Piek; sie beginnt am Steven und reicht bis zu dem anschließenden mit Fässern gefüllten Hinterraum, in dem Lebensmittel, Bier, Speck usw. aufbewahrt werden. Es folgt eine Last; durch ihren Raum kann man vom Zwischendeck nach unten steigen, so daß man von hier aus sowohl in die hinteren Kammern als auch in die Wallgänge gelangt, welche die einzelnen Lasten miteinander verbinden. Davor liegt die Pulverkammer, in deren unterer Abteilung die Kugeln für die 4-Pfünder und die Drehbassen gelagert werden. Große Fässer, die seitlich der Bombenkammer aufgestellt sind, enthalten Wasser. Vor der Bombenkammer liegen das Pumpsod und die Mastspur für den Großmast.
Quer durch das ganze Schiff geht ein mittlerer Raum, in dem das Ankertauwerk aufgehoben wird; er heißt Kabelgatt. Nach vorn zu wiederholt sich die Anordnung der Räume mit Bombenkammer, Wallgängen und Wasserfässern. Im Vorschiff ist die Kombüse untergebracht; seitlich von ihr liegen die Brotkammern und ganz vorne die Hölle. Seinen Namen hat dieser vorderste Raum wegen der Dunkelheit, die dort herrscht. Man bewahrt in ihm Blöcke, Scheiben usw. auf; dort liegt auch die Mastspur des Fockmastes.
Die schwere und die leichte Schiffsartillerie steht auf dem Zwischendeck (Tafel IIb). Zu dieser Bewaffnung gehören auch die Drehbassen und die Mörser, die mit schweren Bohlen unterbaut worden sind. Vor allem der Platz der Mörser ist vom übrigen Zwischendeck abgeteilt und mit Rostwerk umgeben. Im achteren Teil des Zwischendecks liegt die Mastspur des Besanmastes. Ganz achtern ragt die Ruderpinne herein, über deren Bewegungsvorrichtung schon berichtet wurde.
Auf dem Oberdeck steht achtern die Kajüte des Kommandanten; der davor liegende Raum heißt Kirche. Dieses Areal, das zum Teil unter dem Halbdeck und zum Teil auch darüber liegt wurde benützt, wenn der Schiffsgeistliche die Messe las. Im Bereich der Kirche befindet sich der Niedergang zum Halbdeck; gleich daneben steht das Gangspill, das bis zum Zwischendeck herunterreicht. Ein Niedergang führt zum Zwischendeck, über zwei weitere erreicht man die Back. Zur artilleristischen Sonderausrüstung gehören die großen Luken für die Mörser, ein Gräting zum Abziehen des Pulverdampfes und 12 Vierpfünder-Kanonen. Beetings, Pumpen, Ankerbeeting und viele weitere Ausstattungsstücke entsprechen dem Standard der damaligen Zeit. Auf der Back findet man den Glockengalgen mit der großen Glocke; außerdem sieht man hier Beetings und den Kombüsenschornstein. Auch auf dem Halbdeck gibt es noch eine erwähnenswerte Besonderheit: hier steht das Nachthäuschen mit dem Kompaß und das Steuerrad.
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Teil III
Die Takelage
Grundbestandteile einer Takelage sind bekanntlich die Masten, die Rahen und die Segel; mit ihrer Beschreibung soll hier begonnen werden, das Tauwerk kommt anschließend an die Reihe.
Wie alle fregattgetakelten Schiffe ist die Bombardierfregatte (Abb. 10) ein 3-Master (Tafel III). Unsere Aufzählung beginnt mit dem Bugspriet; es ist ein Rundholz, das etwa die Dicke des Fockmastes hat oder etwas dicker ist; mit einer Neigung von 30 — 35° tritt es vorn aus dem Rumpf. Abgeschlossen wird es durch ein Eselshaupt, welches zur Führung des Klüverbaums, einer Sprietstenge, dient. Das Bugspriet ist in Höhe des Schegs an dieses mit Tauwerk festgelascht.
Der Fockmast (Abb. 11/Pos. 1) steht, wie schon erwähnt, in einer Mastspur und führt durch sämtliche Decks. An der Stelle, an der er nach oben aus dem Baukörper heraustritt, in diesem Fall also auf der Back, erhält der Mast gewöhnlich einen Mastkragen (11/2) aus Segeltuch und Tauwerk, der das Eindringen von Wasser in die Fissung verhindert. Für die Herstellung der Masten stand nicht immer so gerade gewachsenes Holz in der notwendigen Dicke und Länge zur Verfügung, weshalb sie von altersher gebaut, d. h. aus mehreren Teilen zusammengesetzt wurden. Man band diese sogenannten Kanteln mit Tauwerk (11/3) oder mit Eisenbändern zusammen und erzielte auf diese Weise eine beachtliche strukturelle Festigkeit und eine große Elastizität. Im oberen Teil des Mastes sind Mastbacken (11/4) angebracht, die als Auflage für die Salinghölzer (11/5) des Marses (Abb. 11/6 u. Abb. 12) dienen. Auf sie wurden Saling und Mars aufgesetzt. Oben auf dem Mars sitzt das Eselshaupt (11/7), das zur Führung der Marsstenge (11/8) dient.
Was hier über den Fockmast gesagt wurde, gilt sinngemäß auch für den Großmast und für den Besanmast; der zuletzt genannte wurde allerdings bei Fahrzeugen dieser Größe niemals aus Kanteln gebaut, sondern bestand in der Regel aus einem einzigen Stück.
In der Reihenfolge von unten nach oben ist die Marsstenge (11/8) die erste Verlängerung des Mastes. Sie soll 7/288 ihrer Länge dick sein und ruht mit dem sogenannten Schloßholz (11/9) auf der Längssaling. Das Schloßholz ist ein Keil, der in eine Öffnung im Fuß der Stenge eingeschoben wird. Im Fuß der Stenge ist außerdem noch eine Scheibe eingesetzt, über welche das Stenge-Windrep (11/10) fährt. Ebenso wie der Mast, verjüngt sich auch die Stenge ein wenig nach oben hin. Im oberen Fünftel führt sie eine Scheibe (11/11) für das Marsfall. Noch weiter oben folgen dann wieder Backen und Saling (Abb. 13); den Schluß bildet das Eselshaupt für die Bramstenge. Die Bram-stenge (11/12) soll nach Röding 1/48 ihrer Gesamtlänge als größten Durchmesser haben. Sonst ist sie wie die Marsstenge gestaltet, nur daß sie am oberen Ende keine Mastbacken und Saling mehr erhält; sie verjüngt sich dort weiter bis zum Flaggenknopf (11/13).
Die Kreuzstenge am Besanmast sieht ähnlich aus wie die Bramstenge; ihre Verhältniswerte sollen aber der der Marsstenge gleichen.
Die Rahen
Die einzelnen Rahen sollen hier in der Reihenfolge vom Bugspriet bis zum Besanmast benannt werden. Unsere Aufzählung beginnt also mit der Schieb-Blinde-Rah, die auf dem Klüverbaum verschiebbar ist, d. h. an ihm auf- und
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niederlaufen kann. Zur selben Einrichtung gehört auch die Blinderah, die etwas weiter unten am Bugspriet aufgehängt ist (Tafel III – rechts).
Am Fockmast gibt es 3 Rahen: die unterste ist die Fockrah (Abb. 11/14), die doppelt so lang sein soll, wie das Schiff breit ist. Uber ihr befindet sich die Vor-Marsrah (11/15), deren Länge 1⅓ der Schiffsbreite ausmacht. Ganz oben am Fockmast ist die Vor-Brahmrah (11/16) mit einer Länge von 7/10 der Schiffsbreite.
Wenn wir hier die Schiffsbreite als Bezugsmaß angeben, ist dies eigentlich nicht ganz korrekt. Der exakte Meßwert ist der des Segelbalkens; um ihn zu erhalten, muß man von der Schiffsbreite die beiderseitige Dicke der Außenhaut und des Spants abziehen. In diesen und vielen anderen Bauproblemen waren sich aber nicht einmal die damaligen Schiffbaumeister vollständig einig, so daß der Modellbauer nicht viel falsch macht, wenn er sich nach der Schiffsbreite orientiert.
Auch am Großmast sind 3 Rahen angeschlagen: die unterste ist die Großrah, deren Länge 2¼ Schiffsbreiten ausmacht; über ihr befindet sich die Groß-Marsrah mit 1½ Schiffsbreiten und die Groß-Brahmrah mit 4/5 einer Schiffsbreite.
Am Besanmast befindet sich unten die Besanrute, die 2 Schiffsbreiten lang ist; unter der Besansaling steht die Bagienrah mit 1⅓ Schiffsbreite und darüber die Kreuzrah mit einer Schiffsbreite.
Die Segel
Im Takelriß (Tafel III) unterscheiden wir Stag oder Schratsegel und Rahsegel. Stagsegel fahren an einem Stag oder einem Leiter (einem unter dem Stag laufenden Tau) auf und nieder; sie stehen also immer in der Längsrichtung des Schiffes. Die Rahsegel sind demgegenüber an Rundhölzern — den Rahen — befestigt und stehen quer zum Schiff. In Tafel III sind von vorn nach achtern und jeweils von unten nach oben folgende Rahsegel zu sehen: Schiebblinde, Fock, Vormarssegel, Vorbramsegel, Großsegel, Großmarssegel, Großbramsegel, halber Besan und Kreuzsegel.
Die Stagsegel heißen: Klüver, Vorstengestagsegel, Großstengestagsegel (das größte Stagsegel auf dem Schiff), Flieger über dem Großstengestag, Großbramstengestagsegel, Besan-stagsegel oder Affe und Kreuzstengestagsegel. Während die Rahsegel mit dem Rahband an der Rah angeschlagen werden (Abb. 17/1) sind die Stagsegel mit Stagreitern (Abb. 16) (Lägel oder Süger) an den Stag gesetzt. Die Stagreiter bestehen aus Schmiedeeisen: sie sind in Hufeisenform gebogen und haben an beiden Enden ein Auge, mit dem sie am Segel angenäht werden. Der Stag läuft innen durch das Halbrund des Stagreiters bzw. Lägels.
Am Beispiel eines Marssegels (Abb. 14) soll hier gezeigt werden, aus welchen Teilen sich ein Segel im allgemeinen zusammensetzt. Man unterscheidet die Kleider oder Kleeden (14/1), die Verdoppelungen (14/2), den Saum (14/3),
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die achterlichen Verstärkungen der Unterkante und der Mittelkleider (14/4), das Mittelband (14/5), die Reffbänder (14/6), das Liek (14/7), die Reffbändsel oder Zeisinge (14/8), die Gattchen für das Rahband (14/9), die Gattchen für die Reffbändsel (14/10), die Gattchen für Refftalje, Bulins und Gordings (14/11) und die Liekverstärkungen an den besonders gefährdeten Stellen (14/12).
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Teil III, Fortsetzung
Stehendes und laufendes Gut
Bei der Betrachtung der Takelage eines Schiffes unterscheidet man zwischen stehendem und laufendem Gut; sowohl das eine als auch das andere läßt sich in ein unteres und ein oberes einteilen. Zum stehenden Gut zählt alles, was an beiden Enden fest angeschlagen ist und an seinem Platz unverändert stehen bleibt. Als laufendes Gut bezeichnet man das gesamte Tauwerk, das zum Manövrieren benötigt wird, weil es — z. B. unter Zuhilfenahme von Blöcken oder Takeln — bewegt werden kann. Den Teil des laufenden Guts, der an einem bestimmten Punkt dauernd befestigt ist, nennt man den (bzw. die) stehende(n) Part; was sich in und zwischen den Blöcken befindet, heißt laufende(r) Part; das Ende einer Leine oder eines Taus des laufenden Guts, an dem der Seemann einen Takel (d. h. Flaschenzug) bewegt, ist der (bzw. die) holende Part. Zum unteren Tauwerk rechnet man das gesamte stehende und laufende Gut, das von Deck aus regiert werden kann. Zum oberen zählt alles Tauwerk oberhalb der Marse, sofern es nicht bis an Deck heruntergeführt ist.
Die einzelnen Bestandteile des Tauwerks unterscheiden sich voneinander nach Machart und Dicke. Bändsel sind in der Regel dünner als Leinen und diese heben sich auch am Modell deutlich von den dickeren Trossen und Kabeln ab. Soweit der Modellbauer die kennzeichnenden Merkmale wiedergeben kann, wurden sie von W. Hinderer in Me. 2/63, 73—76 beschrieben. Schiffe aus der Zeit um 1750 waren übrigens nicht nach vollständig einheitlichen Normen getakelt.
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Die Wanten (Abb. 19/1) dienen zur Abstützung des Mastes nach der Seite und nach achtern; über eingeknüpfte Webleinen (19/6) können sie bestiegen werden, so daß sie gewissermaßen mit Leitern vergleichbar sind. In der Reihenfolge von vorn nach achtern hat das Want der einzelnen Masten die Dicke von 5, 6 und 3 Hoofdtauen. Die Wanten sind an ihrem unteren Ende auf Juffern (19/2) gesetzt, die ihrerseits über Rüstbretter (19/3) und Püttingeisen (19/4) zur Bordwand verspannt sind. Die Juffern im Mars fahren auf Püttingstaue (19/5). Das dazugehörende Want hat ebenfalls Webleinen und dient zur Abstützung der Marsstenge. Das Bramwant besteht nur aus zwei Tauen und ist nicht ausgewoben.
Pardune
Zur rückwärtigen Sicherung der Stengen dienen die Pardune (19/7) die von der Bramsaling zu den Pardunrüsten (19/8) führen.
Stage
Von vorne werden die Masten durch Stage festgehalten; Unter diesen dominiert das Großstag (Abb. 17, Pos. 17), das doppelt so dick wie ein Wanttau ist. Die dünnen Leinen, die fächerförmig vom Stag zum Mars laufen (vgl. Tafel III), nennt man Hahnepooten; sie haben in diesem speziellen Fall die Aufgabe, den unteren Rand des Marssegels zu schützen, damit es nicht an der Marssaling scheuern kann. Das zweite Stag, das direkt neben dem Großstag geführt wird, ist das große Losestag. Es unterstützt das Großstag. Uber dem Großstag läuft das Großstengestag und knapp darunter das Groß-Losstengestag. Darüber befinden sich Fliegerleiter und das Großbramstengestag.
Die übrigen Stage sind dem Großstag prinzipiell ähnlich. Der Fockmast hat ein Fockstag (19/9) und das mit ihm fast parallel geführte Fock-Losestag (19/10); jedes von ihnen soll 1½ mal so dick sein wie das Fockwant. Weiter oben am Fockmast befinden sich das Vorstengestag (19/11), der Klüverleiter (19/12) und das Vorbramstengestag (19/13). Vom Bugspriet zum Scheg (Tafel III, rechts) führt das Wasserstag, welches das Vorgeschirr abstützt und es beim Stampfen des Schiffes vor Bruch bewahrt. Am Besanmast gibt es in der Reihenfolge von unten nach oben das Besanstag, den Besanstagsegelleiter, den Kreuzstenge-Stagsegelleiter und das Kreuzstengestag.
Zum stehenden Gut kann man noch die sogenannten Fußpferde zählen. Sie verlaufen in gerafften Bögen unterhalb der Rah und geben den Seeleuten einen Halt für die Füße. Die kurzen Haltetaue der Fußpferde heißen Hanger.
Das laufende Gut an den Masten
Die Arbeitstakel (19/14), auch Swifter genannt, welche am Fockmast und am Großmast zu den Rüsten führen, dienen zum Bergen von Lasten, z. B. der Anker, des Bootes usw. Sie werden außerdem dazu benützt, die beim Segeln entstehende Lose im Want aufzufangen; mittels der schnell zu bedienenden Talje wird die
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Festigkeit der Abstützungen des Mastes sofort wieder hergestellt. Ähnliche Funktionen hatten die Pardunen, weshalb sie ebenfalls in einem Arbeitstakel enden. Das Stenge-Windreep (Abb. 11, Pos. 10), welches vom Eselshaupt über eine Scheibe im Fuß der Stengen auf die andere Seite des Eselshauptes und durch einen Block herunter an Deck führt, wird zum Fieren und Heißen der Stengen benötigt.
Die Rahen sind in der Regel gleichartig eingerichtet (Abb. 20). Ausnahmen bilden die Blinde-Rah, die Bagienrah und die Besanrute. Das Fall — bei der Fock- und Großrah nennt man es Kardeel — dient zum Fieren und Heißen der Rah. Es läuft unter dem Mars durch doppelscheibige Blöcke und endet über Deck mit seiner Bucht im 4—5scheibigen Kardeelblock oder in zwei Einzeltaljen. An Deck wird ein dem oberen entsprechender Block befestigt, der durch ein Taljereep mit ihm verbunden ist. Das Fall der Stengerahen läuft durch eine Scheibe in der Stenge zum Mars oder zur Saling und endet dort in einer Talje.
An den Mast- bzw. die Stenge, wird die Rah mittels des Racks angeschlagen; wir unterscheiden Tau- und Holzracks. Das Taurack (Abb. 21) ist eine an beiden Enden an der Rah befestigte Wuhling, die den Mast oder die Stenge umgreift. Das Holzrack (Abb. 22 und Abb. 17/7) besteht aus manschettenförmig angeordneten Kugeln und Brettchen, die auf Leinen aufgereiht sind; im Unterschied zum Taurack kann es über eine Talje (Abb. 23) von Deck her geöffnet oder geschlossen werden.
Die eingangs erwähnten Ausnahmen unterscheiden sich von der Normalanordnung in folgender Hinsicht: Bei der Schiebblinde tritt an die Stelle des Falls der Vorholer; an ihr gibt es keine Fußpferde; was am Rahsegel die Brassen sind, heißt bei der Schiebblinde Trissen. Die Blinderah ist mit einem eisernen Beschlag drehbar am Bugspriet fest; auch sie hat keine Fußpferde. Ein Fall wird nicht benötigt und die Brassen heißen auch hier Trissen. Die Bagienrah führt kein Segel; dementsprechend gibt es an ihr auch keine Fußpferde. Die Brassen, durch die sie nach vorn geführt werden kann, nennt man Konterbrassen (das gilt auch für die Kreuzrah). An Stelle des Falls wird ein Hanger benützt. Die Besanrute hat Rack und Fall, aber keine Fußpferde.
Das laufende Gut an den Rahen und Segeln
Toppnant (Abb. 24, Pos. 1), nennt man die Taue, mittels deren die Rah waagerecht gestellt wird. Sie verbinden die Rahnock mit dem Eselshaupt. Die Brassen (24/2) bestehen aus Braßschenkel sowie Braßläufer und sollen die Rah in die gewünschte Segelstellung bringen.
An der Besanrute greift die Besandirk an, die das obere Ende der Rute hochhält; das untere Ende wird durch Fußtaljen regiert. Die Funktion der Brassen übernehmen hier die Besangeeren (vgl. Tafel III).
Alle Segel sind mit einem Liek (24/3) umnäht, wodurch sich ihre Festigkeit erhöht. Mit dem Rahband (24/4 u. Abb. 17/1) werden sie an die Rah gereiht. Die zum Segel gehörenden Taue lassen sich nach zwei Gruppen unterscheiden: Die einen dienen zur Einstellung der Segel für Manöver; die anderen werden beim Bergen der Segel benützt. Zur ersten Gruppe gehören die Schoten (24/5), welche die unteren Ecken der Segel festsetzen. Fock und Großsegel haben außerdem noch Halsen (24/6), die nach vorn zu das gleiche bewirken, wie die Schoten nach achtern. Die Schothörner (24/7) eines Segels können mittels Schot und Hals so festgesetzt werden, daß sie bei Bewegungen des Schiffes nicht schlagen (Abb. 25).
Die Buliens (Abb. 24, Pos. 8) sollen den Bauch des Segels an der Windseite möglichst weit ausholen. Refftaljen (24/9) und Reffbändsel (24/10) dienen zur Verkleinerung der Segelfläche z. B. bei schlechtem Wetter (vgl. Abb. 15).
Zur zweiten Gruppe gehören die auf der Rückseite des Segels geführten Geitaue (24/11),
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durch welche die Schothörner beim Segelbergen zur Mitte der Rah gebracht werden. Die Taue vor dem Segel, die zum Bergen dienen heißen Gordings. Unter ihnen gibt es solche, die beim Bergen den Bauch des Segels an die Rah bringen; sie heißen Bauch- bzw. Buggording (24/12). Das Seitenliek wird von vorne durch Nockgordings (24/13) eingeholt; die zwischen Bauch- und Nockgordings liegenden Taue nennt man Dempgording (24/14). Damit sind alle Taue erwähnt, die zum Gebrauch der Rah und der Segel benötigt werden.
Ausnahmen gibt es in den Punkten, die wir schon im Abschnitt „Rahen“ erwähnten. Die Geitaue der Schiebblinde sind etwas anders geartet als die der übrigen Rahsegel; sie dienen gleichzeitig als Niederholer der Schieb-Blinderah. Beim Besansegel erfüllen die Gordings den gleichen Zweck wie bei den Rahsegeln, sind aber nicht ebenso geführt. Am vorderen, unteren Ende des Besansegels greift ein Halstau an, welches am Mast belegt wird; achtern ist die Schot.
Nach diesen Erläuterungen wird es hoffentlich auch einem Nichtfachmann möglich sein, den Takelplan (Tafel III) zu entwirren.
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Schluß
Bauanleitungen in Stichworten
Unter den Rumpfbauweisen für Schiffsmodelle unterscheiden wir den Waagerecht-Schichtbau vom Senkrecht-Schichtbau und vom Spantbau (ausführlich wurden die üblichen Rumpfbauweisen im Mechanikus-Jahrgang 1959 in 12 Einzelabhandlungen von W. Hinderer dargestellt).
Die Waagerecht-Schichtbauweise
Linien- und Seitenriß (Me. 9/66, S. 376) sind maßgebend für die ersten Arbeiten. Die Kurven des Linienrisses entsprechen den Konturen, nach welchen die übereinander anzuordnenden Schichten, z. B. aus Lindenholz, ausgesägt werden sollen. In unserem Fall empfiehlt es sich, nur das Unterwasserschiff bis zur Konstruktions-Wasserlinie (CWL) im Schichtbau auszuführen; darüber setzt man halbe Spanten, um das Oberteil beplankt ausführen zu können (Abb. 27). Aus den gestrichelten Linien des Spantenrisses ist der Deckssprung abzulesen; in Übereinstimmung mit ihm setzt man die Decksbalken. Entsprechend dem Spantenriß stellt man negative Spantschablonen her, die während der Oberflächenbearbeitung immer wieder an den Rumpf angelegt werden (Abb. 28). Jede Unebenheit oder Formabweichung wird dann sichtbar und kann ausgeglichen werden.
Die Senkrecht-Schichtbauweise
Wer im Schiffsmodellbau noch nicht sehr viele Erfahrungen hat, sollte die Konturen der Schichten lieber dem Seitenriß entnehmen. Der Rumpf wird dann aus vertikal geschichteten Hölzern zusammengesetzt (Abb. 29). Ein derartiger Senkrecht-Schichtbau kann vom Kiel bis zum Oberdeck reichen. Bei der Herstellung der mittleren Schichten werden die Luken für die Mörser ausgespart; bei Spant H verlängert man die Schichten bis zur Back und bei Spant 12 bis zum Halbdeck. Ein Rumpf, der nach dieser Bauweise hergestellt wurde, kann vorn und achtern aus dem vollen gearbeitet werden. Lediglich im offenen Mittelstück erhält er eine Beplankung.
Der Spantbau
Wer den Schiffsrumpf auf Spanten baut, wählt zwar die schwierigste Lösung; sie ist aber die einzige, die man bei einem vorbildgetreuen und fein detaillierten historischen Modell für wirklich werkgerecht halten möchte. Zuerst werden Kiel und Steven ausgesägt (Abb. 30). Die Kielhöhe sollte dabei beträchtlich größer bemessen werden, als sie in der Zeichnung angegeben wurde. Unser Plan zeigt nämlich die Dimensionierung des Vorbilds. Am Modell kann man, durch Materialzugabe im unsichtbaren Bereich, das Durchbiegen des Rumpfes vermeiden. Es hat seine Ursachen darin, daß die Planken auf einen dünnen Kiel mehr Druck ausüben, als er verträgt. Dieses sogenannte „Rückenaufstechen" ist übrigens ein Fehler, der auch im großen Holzschiffbau oft zu Tage trat (Abb. 31).
Die beiden Steven des Modells werden in den Kiel verzapft und an ihm festgeklebt. Zur Stabilisierung kommt hinter die Steven noch das Stevenknie. Steven und Kiel müssen mit der sogenannten Sponung versehen werden; es ist dies eine Nut, welche die Plankenenden aufnimmt. Damit die Planken in ihr eine sichere Auflage erhalten, kleben wir hinter die Sponung der Steven beiderseits eine dem Plankenverlauf angepaßte Verstärkung (Abb. 30).
Nach diesen ersten Arbeiten werden die Spanten ausgesägt; sie können aus Lindenholz bestehen; für Kiel und Steven eignet sich Eichenholz besser. Bis zur Höhe des Zwischendecks dürfen die Spanten aus dem Vollen ausgeschnitten werden. Für das Oberdeck, die Back und das Halbdeck zieht man dann eigene Decksbalken ein. Alle Spanten werden unten mit einem senkrechten Schlitz versehen, dessen Breite und Tiefe sich nach der Dicke und Höhe des Kiels bis zur Sponung richtet (Abb. 28). Der Kiel stellt dann die Mittellinie dar, nach welcher man die Spanten auszurichten hat. Man sollte dabei daran denken, daß die auf dem Kiel angerissenen Stellen für den Spantenstand (Tafel I in Me. 9/66, S. 376; von der Mitte nach achtern, Ziffern 2—14; von der Mitte nach vorne Buchstaben B—L) dimensionslose Linien sind, wogegen jeder Spant seine eigene Materialdicke hat. Die mit Ziffern bezeichneten Spanten setzt man deshalb unmittelbar hinter die jeweilige Anrißstelle; die mit Buchstaben bezeichneten stehen dagegen vor ihr. Die Spanten werden senkrecht und genau rechtwinkelig zum Kielverlauf aus-gerichtet. Dabei kommt es auch darauf an, daß die unteren Spantschlitze den Kiel nicht weiter
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als bis zur Sponung übergreifen. Die Nut muß in ihrem ganzen Verlauf in Plankendicke freibleiben. Nach dem Ausrichten werden die Spanten am Kiel festgeklebt; entlang der Mittellinie nagelt man dann auf ihnen eine Planke fest, wodurch die Bestandteile des Rohbaus in ihrer endgültigen Lage fixiert werden (Abb. 32). Nach dem Aushärten des Klebers werden die Außenkanten der Spanten entsprechend dem Plankenverlauf angeschrägt, was durch Schleifen oder Raspeln geschehen kann. Die Beplankungsarbeit beginnt man dann mit den Berghölzern. weil sie für den gesamten Verlauf der Rumpfaußenhaut bestimmend sein werden. Es ist auch zu beachten, daß sich die einzelnen Planken jeweils in Richtung auf die Steven ein wenig verjüngen. Selbstverständlich bestehen die Plankengänge nicht aus einem einzigen Stück; sie werden vielmehr zusammengesetzt, wobei ihr Stoß jeweils auf einen Spant verlegt wird. Die Stoßstellen dürfen nicht immer auf dem gleichen Spant liegen, man verlegt sie einmal in die Mitte, dann ins erste Drittel, danach ins letzte Drittel, einige auf Zwischenpositionen usw. Die Planken werden an den Spanten festgeklebt; da sie aber gekrümmt sind, haben sie zumeist auch Spannung, so daß man sie einige Zeit lang mit Heftnägel am Auflagepunkt fixieren muß (Abb. 33). Nachdem der Kleber endgültig abgebunden hat, werden die Nägel herausgezogen; anschließend schleift man die Rumpfoberfläche zuerst grob und dann fein. Wer einen genagelten Rumpf herstellen will, verwendet Messingstifte ohne Kopf, es empfiehlt sich aber, diese Nägel erst nach dem Feinschliff an genau festgelegten und vorgebohrten Stellen einzuschlagen. Jedesmal, wenn die Beplankung in der Reihenfolge von unten nach oben die Höhe eines der Decks erreicht, wird dieses gleich eingezogen.
In den Texten der Typenbeschreibung und der Bauanleitung sind übrigens nur die wichtigsten Bestandteile des Rumpfes, der Einrichtung und der Takelage ausdrücklich erwähnt. Ergänzende Informationen sind von Fall zu Fall aus den Plänen (Tafel I — III)* zu gewinnen.
Kh. Marquardt
* Anm. d. Verf.; Lichtpausen der im Modellmaßstab gehaltenen Original-Baupläne können im Auftrag des Verfassers gegen Voreinsendung von DM 26. — bezogen werden. Die Adresse lautet: G. Förster, 4811 Hillegossen b. Bielefeld, Haeperstr. 231