Auswandererschiff Bark „Theone“
1863/1864
Zuerst veröffentlicht in: MECHANIKUS, München 1966-1967 |
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Dieser Artikel ist ursprünglich in 6 Teilen erschienen (Teil I, Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V und Schluß). Dies erklärt die Sprünge in den Seitenzahlen. Um eine großformatige Darstellung der Tafeln zu ermöglichen, hat der MECHANICUS die großen Tafeln als Mittelblätter über verschiedene Ausgaben verteilt. Diese Mittelblätter wurden hier am Ende des Artikels eingefügt. Die Nummerierung der Bilder auf wurde zwecks besserer Orientierung gegenüber der Print-Ausgabe im MECHANICUS angepasst. | |
Teil III – Seite 326
Teil III
Der Rumpf
Bei der Beschreibung eines Schiffsrumpfes muß man sich daran gewöhnen, ein gewisses Schema einzuhalten. Es läßt sich dann einerseits nicht ganz vermeiden, daß bestimmte Aussagen in aufeinanderfolgenden Bauanleitungen wiederholt werden, während man dadurch andererseits auch einige zusätzliche Vergleichsmöglichkeiten erhält.
Zuerst legt der Schiffbauer den Kiel. Dann folgen Steven, Spanten, Decksbalken und die Beplankung mit allem was sonst noch daran ist. Spricht man vom Kiel (1), so meint man bei größeren Schiffen eine Reihe von Kanthölzern, die durch Laschungen zusammengefügt wurden. Das hintere Ende (2) ist die Hielung; das vordere Stück (3) heißt Kinnback. Als Holz fanden hierfür besonders Eiche und Rotbuche Verwendung. Der Rotbuche gab man den Vorzug, weil sie bei Grundberührungen nicht so leicht splitterte. Laschungen durften nicht in der Nähe der Stellen vorgenommen werden, an denen Masten zu erstellen waren.
Die verschiedenen Abmessungen des Kiels wurden in Verhältnissen festgelegt, für die seine Länge jeweils das Bezugsmaß war. Bei kleineren Schiffen berechnete man die Höhe des Kiels in Zoll mit 1⁄4 oder 1⁄5 seiner Länge in Fuß. Ein Beispiel: Der Kiel sei 50 Fuß lang gewesen; seine Höhe betrug dann 1⁄5 dieser Länge in Zoll = 10 Zoll. Bei größeren Schiffen änderte sich das Verhältnis. Die Höhe betrug in Zoll 1⁄7 bis 1⁄8 dessen, was der Kiel in Fuß lang war. Der Kiel sollte 5⁄7 seiner Höhe breit sein.
Über dem Kiel (1) liegt das Kielschwein (4) oder Saatholz. Es hat die gleiche Breite wie der Kiel, ist aber etwas höher. In das Kielschwein, das kammartig ausgeschnitten ist, werden die Flurstücke (5) oder Lieger, d. h. die unteren Teile der Spanten eingelassen. Kielschwein, Flurstücke und Kiel sind miteinander verbolzt. Auch der Vordersteven (6) besteht aus mehreren Stücken, die sowohl miteinander als auch mit dem Kiel verbolzt sind. Den obersten, vorspringenden Teil (7) nennt man Scheg. Die Hauptteile, die sich nach unten daran anschließen, sind der Vorsteven (6) und der Binnensteven (8). Schließlich gab es noch
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bisweilen den sogenannten Unterlauf, ein Krummholz, welches das vordere Ende des Kiels mit dem unteren Anfang des Stevens verband. Bei diesem Schiff ist aber kein Unterlauf vorhanden.
Der Hintersteven oder Achtersteven besteht aus dem Haupt- oder mittleren Steven (9), dem äußeren oder losen Steven (10) und dem Innersteven (11). Während des ersten Drittels des 19. Jh. hing er noch, ebenso wie der Vorsteven, ein wenig über, und zwar gewöhnlich 1⁄4 bis 1⁄5 des Vorstevenfalls; später stellte man ihn in einen rechten Winkel zum Kiel. Die diagonalen Verbindungsstücke (12) zwischen Steven und Kiel nennt man Reitknie. Sowohl die Steven als auch der Kiel haben an beiden Längsseiten eine Sponung (13); das ist eine dem Plankenverlauf angepaßte, durchlaufende Kerbe, die an ihren Rändern auf Plankendicke ausgearbeitet ist. Am Kiel nimmt sie die unterste Planke und an den Steven die Plankenenden auf. Zur Abdichtung fügte man zwischen Planken und Sponung teergetränktes Werg. In den Tafeln, die zu diesem Beitrag gehören, wurde die Sponung jeweils durch eine strich-punktierte Linie angegeben.
Die Hölzer, welche die Form des Schiffsrumpfs bestimmen, sind die Spanten. Ihre Lieger (5) oder Flurstücke sitzen auf dem Kiel. Wegen ihrer Rundung bezeichnete man sie auch als Bauchstücke; wo sie die V-Form der Endspanten bekamen (14), hießen sie Piekstücke. Die Teile der Spanten, die sich oben daran anschließen (15), sind die Sitzer; dann folgen die Auflanger (16) und die oberen Auflanger (17). Ältere Kriegsschiffe hatten außerdem auch noch die sogenannten verkehrten Auflanger. Ihre S-Bucht bestimmte die Form, in welcher die Bordwand an ihrem oberen Ende eine Einschnürung erhielt. Den hintersten Spant oder diejenigen der achteren Spanten, die nicht mehr bis zum Kiel herunterreichten und die infolge der Schiffsrundung auch nicht mehr im rechten Winkel zum Kiel stehen (18), heißen Randsomhölzer. Zwischen den Spanten ließ man einen Abstand von 6 bis 10 Zoll; zur Konservierung des Holzes wurde er gewöhnlich mit Salz ausgefüllt.
In den Bereich der Spanten gehören auch die Kanthölzer, die in waagerechten, parallel zum Kiel verlaufenden Ebenen verlegt und an den Steven befestigt sind (19); sie verbinden die Spanten mit dem Vor- oder Achtersteven. Liegen diese Hölzer im Vorstevenbereich (6 — 8), so nennt man sie Bande; unter dem Heckbalken, im Achterschiff (20), bezeichnet man sie als Worpen oder Transomhölzer.
Der Querfestigkeit dienen die Decksbalken (21). Sie sind leicht nach oben gekrümmt, damit das Wasser besser von der Deckswölbung ablaufen kann. Diese Aufbucht betrug bei Kauffahrteischiffen so viele Zoll wie 1⁄4 der Balkenlänge in Fuß groß war. Gewöhnlich sind 1′ (Zoll) = 12″ (Fuß). Die Aufbucht macht dann 1⁄48 der Balkenlänge aus. Die Decksbalken ruhen auf den Balkwegern (22), das sind Teile der Innenbeplankung, die direkt unter dem
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Balken liegen. Die Zwischenräume von Balken zu Balken sind jeweils mit einem Horizontalknie (23) ausgefüllt. Abgesehen davon haben die Decksbalken des unteren Decks auch noch Vertikal-Kniestücke (24), die auf der Wegerung liegen; diese Kniestücke ruhen auf verstärkten Innenplanken, also auf Bestandteilen der Wegerung, die man Setzweger (25) nennt. Damit der umbaute Raum besser genutzt werden kann, brachte man unter den Oberdecksbalken keine Vertikalknie mehr an; statt dessen wurden aber die Balkweger erheblich verstärkt. Zwischen den Decksbalken sind in die Horizontalknie zusätzliche, schwächere Balken eingefügt (26), die zur Aussteifung des Baukörpers dienen. Diese Querhölzer heißen auch Wechsel. Horizontalkniestücke gibt es übrigens auch an den längsschiffs gelegenen Lukenbalken (27), wenn sie zwischen den Decksbalken liegen.
Ganz unten im Schiff befinden sich noch schwere Klötzer (28), die zur Aufnahme der Masten dienen; man nennt sie Mastspur.
In den Bereich des Balkenwerks gehören noch die Bänder oder Bandhölzer (29). Das sind schwere, auf der Wegerung liegende Balken, welche die Festigkeit zwischen den Steven und den Spanten erhöhen.
Die Heckstützen (30) geben dem über den Achtersteven herausragenden Heck Form und Festigkeit. Sie stehen auf dem Heckbalken. Unter den Decksbalken stehen mittschiffs die Raumstützen (31). Sie sind über dem Kielschwein (4) in einer Planke gelagert und werden an den Decksbalken mittels Bandeisen befestigt. Die Bandeisen gehen von unten nach oben durch alle Decks, so daß die Raumstützen des jeweiligen darüberliegenden Decks an ihnen befestigt werden können. Die Stützen in der 2. Klasse Kajüte (32) sind gedrechselt.
Bei der Beschreibung der Beplankung unterscheidet man zwischen den Planken der Außenhaut (33) und der Innenbeplankung (34), die auch Wegerung oder Garnierung genannt wird. Außerdem gibt es noch die Decksbeplankung (35), die übrigens auf den Decksbalken angebracht wird und nicht etwa auf den Spanten, oder wie diese in Fachabhandlungen häufig genannt werden, auf den Inhölzern.
Den Teilen der Außenbeplankung gab man verschiedene Bezeichnungen; sie sollen hier kurz erwähnt werden: Die Kielgänge (33a) sind die ersten 2 bis 3 Planken am Kiel; man hat sie häufig gegenüber den anderen ein wenig verstärkt, weil sie unter Umständen besonders harten Beanspruchungen ausgesetzt sein können. Die Kimmgänge (33b) sind die Planken in der Rundung, in der sich Lieger(5) und Sitzer (15) vereinigen. Auch sie wurden sehr oft etwas stärker gehalten. An Skandinavienfahrern kannte man noch die Eisgänge, die aus einer zunehmenden Verstärkung der Planken von der Kimm bis zur Wasserlinie bestanden; sie konnten auch als zweite Plankenschicht angebracht werden.
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Berghölzer sind Planken mit größerer Dicke, die über das Niveau der sonstigen Außenbeplankung hinaus stehen. Sie verstärken die Rumpffestigkeit in Längsrichtung und sollen die Beplankung vor Schamfilungen, das sind Reibungsschäden zwischen zwei Schiffen, oder zwischen Schiff und Kai, bzw. Dalben, schützen. Der Schandeckel (36) verbindet die Außenbeplankung mit der Innenbeplankung und schließt den Zwischenraum, der zwischen beiden liegt, auf der Höhe des Oberdecks ab. Die Schanzkleidplanken bilden eine geschlossene Reling, die gewöhnlich bis zur Brusthöhe eines erwachsenen Mannes reicht. Abgeschlossen werden sie nach oben durch das Schanzkleid (37), einer dem Schandeckel vergleichbaren Planke.
Zur Wegerung gehören die Bilgweger (34a), die unmittelbar neben dem Kielschwein liegen; dann folgen die Bodenwegerung (34b), die Kimmwegerung (34c), die Raumwegerung (34d); nach oben schließen sich die Setzweger (25) und die Balkweger (22) an. Uber dem Decksbalken liegt der Wassergang (38), dann folgt die Setzwegerung (25), die Zwischendeckswegerung (34e) und die Balkweger (22). An Oberdeck gibt es wieder einen Wassergang (38) und dann teilweise auch eine Schanzkleidwegerung (34f).
Von den Bestandteilen der Decksbeplankung schließt sich an den Wassergang das Leibholz an (39), auf das dann die Decksplanken (40) folgen. Eine Verstärkung der Mittelplanken nennt man Fisch oder Fissung.
Am Bug ist besonders das Scheg (7) mit seinen Rankenornamenten (41) und Galionsregeln (42) bemerkenswert. Zwischen den Ornamenten und der obersten Regeling (42a), dem Drücker, sitzt die Namensplanke. Der Drücker läuft bis unter den Kranenbalken (43). Unter der unteren Regeling sitzt das Klüsholz (44), das ebenfalls mit Schnitzwerk verziert ist. Die „Theone“ hat eine charakteristische Form des Hecks; es ist rund gebaut und wird vom Fachmann „Weserheck“ genannt. Bei diesem Schiff ist das Heck mit großen Rankenornamenten geschmückt, in ihrer Mitte lassen sie ein Oval offen, in welchem der Schiffsname „Theone“ und darunter der Heimathafen „Bremen“ steht (s. Tafel V).
Eigenartig sieht die Rudereinrichtung der „Theone“ aus; sie wurde aber in ähnlicher Form und Anordnung schon im vorhergehenden Jahrhundert bisweilen benützt. Der Schaft des Ruders ist mit Eisenbändern schwenkbar am Achtersteven befestigt und führt durch das Heck hindurch bis über das Poopdeck. Dort hat er eine kurze Pinne, die ausnahmsweise einmal nach achtem gerichtet ist. Bewegt wurde die Pinne mittels zweier Taljen, die aus einem einzigen Tau gebildet sind; es läuft über die Rolle des Ruderbocks, der durch das Steuerrad in Umdrehung versetzt wird. Über Pinne und Ruderbock steht das Steuer- und Ruderhaus. Die Welle des Ruderbocks führt durch die Vorderwand dieses Hauses und endet im Steuerrad. Um das Steuerrad herum liegt eine Gräting.
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Teil IV
Bei der Beschreibung der Einrichtung des Schiffsrumpfes halten wir uns wieder an die bisherige Reihenfolge und beginnen tief unten im Schiff.
Der Laderaum (Tafel III und IV)
Hier unten, wo die mitgeführte Ladung gestaut wird, gibt es nicht viel zu sehen. Die Masten stehen in ihrer Spur; zwischen Fock- und Großmast erhebt sich ein großer, zylindrischer Wassertank (45), der bis ins Zwischendeck reicht. Fast die gleichen Dimensionen hat ein Holzverschlag im Vorschiff (46), der Kettenkasten, der zur Ankereinrichtung gehört. Durch 3 Luken kann man nach oben ins Zwischendeck gelangen. Man entert dabei über Steigleitern, die dadurch gebildet werden, daß man Eisenstäbe in die jeweiligen Raumstützen einsetzte.
Das Zwischendeck (Tafel IV u. V)
Hier gibt es kaum etwas anderes als Kojen — 144 Stück an der Zahl (vgl. Abb. IV-8). Sie wurden mittels Eisenstangen an den Bord- und an den Decksbalken aufgehängt. Unterbrochen wird der Raum nur durch die 3 Masten, durch den aufragenden Trinkwassertank und durch den Kettenkasten. Infolge der zahlreichen Raumstützen wirkt das Zwischendeck trotzdem übersichtlich; viele von ihnen sind durch eingeschobene Eisenstäbe wieder als Steigleitern ausgebildet. Nur in den Luken befinden sich normale Niedergänge, über die man nach oben gelangen kann. Im Zwischendecksbereich der „Theone“ sind schließlich noch zwei Langholzluken angebracht, wie sie nicht auf jedem Segler vorhanden waren. Sie sind mittschiffs in die beiden Seiten der Bordwand eingelassen und eigneten sich auch für das Verladen von Baumwoll- oder Tabakballen, wenn dies z. B. aus einem Kahn oder von einem Prahm aus geschehen sollte.
* Anm. d. Red.: Um die Übersicht zu erleichtern, wollen wir hier die Fundstellen für die einzelnen Pläne und Ubersichtszeichnungen des Theone-Modells noch einmal angeben. Mit der Veröffentlichung der Beitragsfolge wurde in Me. 3/67 begonnen. Die Pläne verteilen sich wie folgt:
- Tafel I Linienriß und Seitenriß Me. 4/67, S. 154/155
- Tafel II Spantriß Me. 5/67, S. 194—195
- Tafel III Rumpf-Seitenansicht und Längsschnitt Me. 8/67, S. 330
- Tafel IV Rumpfquerschnitte Me. 9/67, S. 379
- Tafel V Decksaufsichten (Poop, Back, Hauptdeck, Zwischendeck) Me. 7/67, S. 286—287
- Tafel VI Takelriß für stehendes Gut
- Tafel VII Gesamttakelriß für stehendes, laufendes Gut und Besegelung Me. 3/67, S. 110—111
- Tafel VIII Belegplan
Lichtpausen der Originalzeichnungen im Modellmaßstab 1: 50 können gegen Voreinsendung von DM 37,- + Porto im Auftrag des Verfassers durch G. Förster, 4811 Hillegossen b. Bielefeld, Heeperstr. 231, bezogen werden.
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(Photos: gos)
An diesem Originalbestandteil eines Segelschiffs des 18. Jh. kann man handwerkliche Einzelheiten erkennen, die in der Dokumentation der Epoche normaler Weise nicht dargestellt werden. Spezielles Interesse verdienen z.B. die Verbindungen der einzelnen Hölzer, insbesondere auch ihre Verdübelung (Abb. IV-3) und die authentische Form der Beschläge, die in diesem Fall nachweislich benützt wurden. Verallgemeinernde Schlußfolgerungen dürfen aus dem einmaligen Befund allerdings nicht gezogen werden; trotzdem versuchte unser Zeichner M. Müller in Abb. IV-5 anzugeben, wie er sich die Wirkungsweise dieser Rudereinrichtung vorstellt. Vergleicht man seine Skizze mit der in Heft 8/67 wiedergegebenen Schnittzeichnung des Theone-Rumpfes, so kann man feststellen, daß dieses Schiff von formalen Kleinigkeiten abgesehen — eine prinzipiell gleichartige Rudereinrichtung hatte.
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Das Oberdeck (Tafel IV u. V)
Unter der Back endet das Bugspriet (47). In der Reihenfolge von vorn nach achtern kommt dann der Pall-Pfahl mit dem Bratspill (48). Als modernes Schiff des 19. Jh. hat die „Theone“ selbstverständlich nicht mehr das seit Jahrhunderten benützte einfache Bratspill, dessen liegender Windenbaum mittels einsteckbarer Spillspaken gedreht wurde; hier gibt es schon ein sogenanntes Pumpspill (Abb. IV-9), das aber nicht etwa die Pumpen betreibt, sondern eine pumpenähnliche Arbeitsweise hat. ln die beiden äußeren Zahnrädern des Spills greifen Zahneisen ein, die an einem Aggregat von Pumpenschwengeln hängen und von ihm auf und nieder bewegt werden. Während der wippenden Bewegung der Pumpenschwengel bewirkt jeder einzelne Hub einen kleinen Vorlauf des Spills. Das mittlere Zahnrad dient den Pallen.
Beiderseits des Pumpspills befinden sich Kammern, die sogenannte Segelmachers- und Zimmermannslast. An der Rückfront dieser Lasten führen Niedergänge zur Back. Das offene Oberdeck wird von den Lukenhäusern und dem Deckshaus eingenommen. Außerdem stehen dort noch Wasserfässer und das Hühnerhock mit obenauf gestellten Pützen (Abb. IV-10). Am Schanzkleid zieht sich beiderseits die Nagelbank entlang (Tafel VIII); darunter befinden sich 3 große hölzerne Klampen zum Belegen von Halsen und Schoten. In der Höhe des
(Photos: Abb. 6—8: K. H. Marquardt)
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Hühnerhocks stehen auf beiden Seiten die Niedergänge zum Anbordkommen. Vor dem Großmast stehen eine Beting und die Pumpen, deren Rohre bis zum Kiel herunterführen. Das Poopdeck reicht bis vor den Großmast. Da die Vorderwand der 2. Klasse Kajüte unmittelbar hinter dem Großmast errichtet wurde, bildete sich beim Mast ein kleiner überdachter Raum. In die Überdachung sind Öffnungen für die Niedergänge zum Halbdeck (Poopdeck) eingeschnitten.
In der 2. Klasse Kajüte befinden sich 44 Kojen. Der Komfort, der den Unterschied zum Zwischendeck ausmacht, kommt hauptsächlich im erhöhten Fahrpreis zum Ausdruck; an Bord wird er durch ein Oberlicht, kleine Frischluftlöcher in der Bordwand und vor allem auch durch die gedrechselten Raumstützen (32) symbolisiert.
Im Achterschiff befinden sich Salon und Kabinen für die Passagiere der 1. Klasse und für die Schiffsführung. Der Salon hat ein Oberlicht. Der Niedergang, über welchen man die exclusiven Gemächer erreichte, ist überdacht.
Das Halbdeck (Tafel III,IV und Tafel V)
Außer den erwähnten Oberlichten und dem Ruderhaus (Abb. IV-11) gibt es hier noch achtern stehende Poller und über Bord ragende Braßbäume. In der Heckrundung ist das Schanzkleid nach innen bis zur halben Höhe geplankt. Nach vorn zu wird das Halbdeck durch eine Säulenreling abgeschlossen. Vor dem Besanmast sind außenbords eiserne Davits angebracht; auf Steuerbord führen sie die Kapitänsgig und auf Backbord ein etwas größeres Boot (Tafel III). Steigt man über die vorderen Niedergänge hinunter auf das Hauptdeck (Oberdeck), so führt der nächste Weg zum Deckshaus (Tafel V) oder, wie es in der Vermessung heißt, zum Volkslogis.
Das Deckshaus (Tafel V)
Das Volkslogis war der Unterbringungsraum der Besatzung. Die Verhältnisse scheinen hier etwas menschenwürdiger gewesen zu sein. Die Zahl von 16 Kojen legt den Schluß nahe, daß die Besatzung aus 32 Mann bestand. Da aber die Maate ihre Kojen kaum mit jemand anderem geteilt haben werden, dürfte eine kleinere Zahl richtiger sein. Die „Cutty Sark“, die ein größeres Schiff war, hatte eine Gesamtbesatzung von 35 Mann. Geht man davon aus, daß etwa 4 Maate, der Bootsmann, der Segelmacher, der Zimmermann und der Koch ihre Stammkojen besaßen, so bleiben noch 12 Seeleute je Wache übrig. Bei 2 Steuerleuten und dem Kapitän kämen wir damit auf eine Besatzung von 31 Mann. In der Mitte des Raumes war die „Back“ an den gedrechselten Raumstützen befestigt.
„Back“ ist nicht nur die seemännische Bezeichnung für das Deck des Vorschiffs, das übrigens auch nicht immer erhöht sein muß. In einem viel gebräuchlicheren Sinn des Wortes meint man damit einen Tisch. Außerdem heißt auch die große Schüssel so, in der das Essen für die Tischgemeinschaft, sprich: Backschaft, geholt wird, „back“ dagegen bedeutet soviel wie
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rückwärts, während z. B. back im Zusammenhang mit einem Segel — wie: ein Segel schlägt back — sagen will, daß der Wind von der falschen Seite hineinbläst. Diesen kleinen Exkurs über Wortbedeutungen wollen wir mit der Feststellung beenden, daß mit gleichlautenden Wörtern der Seemannssprache ganz verschiedene Dinge und Sachverhalte gemeint sein können; nur aus dem Zusammenhang heraus werden sie richtig verstanden.
Den vorderen Teil des Deckshauses nimmt die Kombüse ein. Hier entstanden die Feinschmecker-Spezialitäten, die wir im Zusammenhang mit der Einheitsspeiseliste der Bordverpflegung schon erwähnten (Me. 8/67). Oben auf dem Dach des Deckshauses sind die Langboote (Großboote) (Abb. IV-12) befestigt.
Die Back
Eine Reling sichert die Back nach außen; nach hinten bleibt sie offen. Der Pallpfahl steht über das Backdeck vor; beiderseits von ihm sind Poller angebracht. Von hier aus ragen auch die Kranebalken über die Bord hinaus. Die Kranebalken dienen zum Vorheißen der Anker. Diesen Vorgang wollen wir noch in knappen Darlegungen ein wenig anschaulicher machen: der Anker (Abb. IV-13) sei durch Übersegeln oder mittels eines Boots schon aus dem Grund gebrochen worden; die Kette wurde soweit eingeholt, daß der Anker sichtbar ist; er hängt jetzt über Wasser in der Klüse; man sagt dann, daß er „auf und nieder steht“. Die Vorrichtung, die nun in Aktion treten soll, heißt Katt-Talje. Sie besteht aus einer Leine, welche über die Scheiben im Kranebalken zum Kattblock führt und mit ihm zusammen einen mehrfach übersetzten Flaschenzug bildet. Der Kattblock hat an seinem unteren Ende einen Haken. Mit ihm wird der Anker in der Röring, also in dem Ring des Ankers, in welchem die Kette befestigt ist, gepackt und unter den Kranebalken gezogen, — sprich vorgeheißt. Mit einer anderen Talje wird er dann noch in eine waagerechte Lage gebracht und so an der Bord gelascht (d. h. festgemacht), daß er im Bedarfsfall sofort wieder geschlippt (d. h. gelöst) werden kann.
Damit wäre die Einrichtung des Schiffs so weit beschrieben, daß die Einzelheiten der Zeichnung mit den zutreffenden Fachausdrücken der Seemannssprache benannt und in ihrer Funktion verstanden werden können. Nachzutragen bleiben noch einige Angaben über die Farbgebung und über Form und Aussehen von Beschlagteilen, die sich am äußeren Schiff befinden.
Die Rüsten mit den Juffern und ihren Püttings haben noch eine gewisse Ähnlichkeit mit den entsprechenden Einrichtungen des 18. Jh. Sie sind aber erheblich schmäler geworden und stehen nicht mehr einzeln sondern doppelt. Die Gattchen für Halsen und Schooten haben eiserne Beschläge. Das Deckshaus wurde häufig mit Zinkplatten verkleidet und weiß gestrichen. Auch die Boote waren weiß. Der Rumpf der „Theone“ war unterhalb der Wasserlinie mit Kupferplatten belegt; das Holz oberhalb der CWL war schwarz gestrichen. Das Schanzkleid der Poop wurde in weiß, die Schandeckel in ocker gehalten. Die Ornamente waren vergoldet.